GEDENKSTÄTTE MAUTHAUSEN
Eine interaktive Arbeit zum Gedenken an das KZ Mauthausen
Geschichte
Um sich an eine interaktive Performance mit dem Thema des Holocaust heranzuwagen, habe ich lange recherchiert und Ideen wieder verworfen und meine Geschichte dazu immer wieder neu gestaltet. Ich habe es unterschätzt, wie nah mir diese Geschichte gehen könnte.
Zu allererst sammelte ich Texte, Interviews auf Video und überliefert aufgeschrieben, Geschichten und Filme über die Geschehnisse und persönlichen Erlebnisse der Insassen und Überlebenden des KZ Mauthausen. Ich habe die Texte neu aufbereitet und in meinem Gesprächsnotiz neu zusammengefasst, fast so als würde ich es erzählen!
tachles תכלית
ist eine interaktive Performance über das Verschwinden von Erinnerungen
Zu live gelesenen Texten werden Filmaufnahmen des Konzentrationslagers Mauthausen aus der Jetzt-Zeit projiziert. Die Sichtbarkeit des Films ist beeinflusst über die Sprache des Moderators. Wenn seine Stimme zu hören ist, sind auch die Bilder der Gedenkstätte zu sehen.
Die Texte sind ausgewählte Stellen aus Interviews von Überlebenden aus dem Mauthausen Archiv, Gespräche mit einem Überlebenden und aus dem ORF Archiv, in denen sehr offen und ehrlich und mit dem eindeutigen Zweck der Mahnung, Situationen der Zeit in den Konzentrationslagern gesprochen wurde. Viele dieser Personen leben heute nicht mehr, umso wichtiger sehe ich es, das diese Worte wieder tacheles gesprochen werden und je lauter umso sichtbarer werden die Bilder der Vergangenheit.
Nur wenn wir über Vergangenes ehrlich sprechen, bleibt es real. Dinge die Verschwiegen werden, werden für nachkommende Generationen unsichtbar und vergessen.
Denn darum geht es in meiner Arbeit:
Nur wenn wir laut über etwas sprechen, wird es nicht vergessen!
Der gelesene Text
Gott hat Urlaub
Uns wurde alles genommen, alles, auch die Zukunft unserer Kinder.
Für wen sollten wir wieder Häuser bauen, für wen? Ich weiß ja nicht wie die Welt in der Zukunft aussieht!
Es gibt keine Zukunft ohne Vergangenheit, wenn man vergisst (Pause) öffnet man die Tür zu einer Wiederholung.
Es gibt fast keine Familie, die nicht Täter war und das ist das Problem. Hitler hat auch einfach angefangen, zuerst Politik dann Arbeitslager, dann die KZ…
Ich weiß, dass nur die Angst vor der Strafe viele Leute zurückhält Verbrechen zu begehen, und hier in den Konzentrationslagern brauchten die Verbrecher keine Angst haben und haben nach dem Trieb der in ihnen war, Verbrechen begangen!
Was ist Holocaust?
Die wichtigste Komponente: Hass und Technologie, alles andere sind Zugaben.
Der Transport von Buchenwald nach Mauthausen hat 3 Tage gedauert, als sich die Bewohner, die an den Gleisen der Bahn ihre Häuser und Felder hatten, bei der SS beschwerten, dass immer wieder Tote aus den Waggons geworfen wurden, hieß es, man darf keine Leichen mehr aus dem Zug werfen.
Aber die Toten können nicht stehen. In jeder Ecke des Wagons mussten wir die Toten hinlegen. Um Platz zu haben mussten wir uns auf die Toten setzten.
3 Tage – ohne Essen, ohne Trinken, man hat alles im Wagon gemacht, ich schätze mindestens 30 % sind nicht lebend angekommen in Mauthausen, die Hitze, die Enge und der Gestank…
Es ist unverständlich unbegreiflich.
Man hatte gewusst, es gibt eine fünfzig-fünfzig Chance, wir fühlten uns wie Schafe am Weg ins Schlachthaus, ohne einen Muckser, über 6000 Leute und keiner hat aufgemuckt.
Ich war nicht der einzige der nackt in Mauthausen angekommen ist. Hunderte und Hunderte sind rückwärts bei der Mauer bis nach vorne aus dem Zügen hinausgetrieben worden, wie Schlachtvieh. Wir haben gesehen: hundert gehen rein und niemand kommt zurück.
Das war von denen der Trick, das sie uns erschreckten
In Mauthausen bat ich einen SSler mich zu erschießen! Der sagte nur: Ein Jud stirbt nicht wann ER will, der stirbt wenn ICH will!.
Sie haben alles abgemessen, am Körper, am Gesicht und so.
LEBENSUNWÜRDIG, als Sinti und Roma, da war ich als 8 Jähriger registriert. Man hat gespürt jetzt hat sich was verändert und plötzlich war ich erwachsen, ganz alleine, auf mich gestellt.
Den Juden war es nicht erlaubt mit uns Zigeunern zu reden, aber wir auch nicht mit den Juden. Ja wenn das ein SS Mann gesehen hätte, hätte er gefragt: Ja bist du ein Juden Freund?
Beim Eingang zum Jourhaus war Schotter, ein Sessel und SS Kappen. Und die Juden haben von der Früh bis am Abend da vorbei marschieren müssen und Heil Hitler schreien müssen, Heil Hitler, wieder vorbei wieder zurück, aber den ganzen Tag, von der Früh bis in die Nacht, so haben sie die Juden trainiert.
Wir mussten zusehen, ich weiß heut noch nicht warum? Nur weil i a Zigeuner war? Ja kann ich was dafür dass ich ein Zigeuner bin?
Es ist ein Schande das zu erzählen.
Wenn die SSler frei hatten sind sie in der Nacht ins Lager der Frauen hineingegangen, stundenweise, zum spekulieren. Mauthausen war ein Bordell, das war ein Puff. Die Frauen wurden mit so kurzen Kostümchen angezogen. Alles konnte man sehen. Sie mussten auf und ab marschieren vor den SSlern, die sich dann welche ausgesucht haben. Schönheits-Weiber wurden sie genannt.
Ich war immer schon sehr geruchsempfindlich und bin es heute noch. Mir fallen Erinnerungen oft nur durch den Duft oder Geruch einer Sache ein. Ich bemerkte in Mauthausen, dass der Gestank Leichengeruch ist, ein schlechtes Gefühl diesem Gestank entgegen zu gehen. Die Menschen starben tatsächlich in einer irrsinnigen Geschwindigkeit. Im Erwachen sah man, dass der links oder rechts neben dir gestorben war. Manche kletterten auf die Balken, um sich nicht mit Typhus anzustecken. Man schlief ein, fiel hinunter und starb. Im Endeffekt zählte ich nicht nach aber ich erfuhr später, das an die zehntausend Menschen nach Mauthausen gegangen waren, an die tausend erlebten die Befreiung – also eine Sterblichkeitsrate von 90 %.
Ich war irgendwie überzeugt, dass ich nicht mehr nach Hause kommen würde. Dass ich also vor Hunger oder was weiß ich sterben würde.
Und dann in stillen Momenten, von denen es nur sehr wenige gab, dachte ich immer, wenn es nur bald soweit wäre. Warum haben sie mich so lange am Leben gelassen? Der Tod, der war tagtäglich mit Dir beschäftigt.
Im Stacheldraht floss angeblich Strom.
Obwohl ich kaum noch gehen konnte, schleppte ich mich hinaus zum Lagerzaun. Dort saß ein SS Mann mit seinem Maschinengewehr im Schoß, er sprach mich auf Ungarisch an. Er fragte ob ich Ungar wäre, was ich bejahte, da sagte er zu mir: „ Dann passt mal gut auf Euch auf, das Ganze dauert nur noch einige Tage! Ich habe mir schon ein Fahrrad besorgt!“
Inzwischen trat ein Unglücklicher nahe bei uns fast an den Zaun heran. Das Schreckliche war, dass wir irrsinnig durstig waren, vor allem die, die Typhus und ständig Fieber hatten. Wir bekamen ja nur selten zu trinken und außerhalb des Zauns, etwas weiter rauschte ein Bach mit wunderschön reinem Wasser. Es war schwer zu widerstehen in diese Richtung zu gehen. Der Häftling also ging aber in diese Richtung und der Deutsche erschoss ihn völlig leger, während er weiter mit mir redete. Ich erfuhr ja gerade von ihm, dass es nur noch einige Tage dauern sollte?
…..Aber das war nunmal sein Beruf. Und Gott? Der hatte Urlaub.
Entstehung der interaktiven Arbeit
Den ersten Zugang den ich verwirklicht sehen wollte, war dass Besucher des KZ Mauthausen den Zaun, der zum Teil im Original noch erhalten ist, ganz bewußt angreifen müssen. Den Zaun, der als Mordinstrument der Nationalsozialisten unter Strom gesetzt wurde und unsäglich viele Menschen einerseits bei ihrer Flucht und anderseits ganz bewußt getötet hat, muß nun BE-griffen werden um in einen Soundinstallation die Texte und Briefe der Überlebenden zu hören.
Ich wollte dazu Lautsprecher installieren, mit Berührungssensorik den Zaun bestücken, um diese Arbeit zu verwirklichen. Leider (oder Gott sei Dank) ist das Konzentrationslager unter Denkmalschutz, so auch der Zaun und so konnte ich die Arbeit nicht verwirklichen.
Umsetzung | Präsentation
tachles תכלית
Ein Mikrofon in das vorgefertigte Texte so laut als möglich gelesen werden müssen, steuert einen Beamer über einen Computer, der bestückt mit einem Processing Code der einen Schönfilm des Konzentrationslagers Mauthausen an eine Wand projiziert.
Ich will den Lesern auch die Angst nehmen laut über diesen Teil unserer Vergangenheit zu sprechen, denn die Bilder sind eben nicht diese schlimmen Bilder der Vergangenheit, sondern Aufnahmen von jetzt.
Christian Schrenk, ein ausgebildeter Sprecher, Journalist und Filmemacher, stand mir dabei helfend zur Seite und las die Texte.
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